Psychiatrie :
1. NS - Psychiatrie
2. Psychiatrie im Nationalsozialismus
NS - Psychiatrie
Um die Besonderheit
der NS-Verbrechen in der Psychiatrie zu erkennen, wird hier der
Unterschied von Psychiatrie im Nationalsozialismus und
NS-Psychiatrie gemacht. Dies ist wesentlich, um Täter,
Mitläufer, die Behandlung der Patienten und Opfer, sowie die
Handlungsmöglichkeiten der historischen Akteure angemessen
einzuordnen.
Zunächst einmal
kann der Begriff der "nationalsozialistischen Psychiatrie" für
wichtige neue Entwicklungen in der Zeit 1933 bis 1945 verwendet
werden. Dieser Begriff stellt gravierende Veränderungen der
Geschichte der Psychiatrie in dieser Zeit heraus. In einer
kurzen Charakterisierung kann man folgende Aspekte
herausstellen, um die "nationalsozialistische Psychiatrie" von
anderen zeitlichen und inhaltlichen Phasen in der Entwicklung
der Psychiatrie zu unterscheiden:
1. Typisch für
die nationalsozialistische Überformung der Psychiatrie nach 1933
ist die gesellschaftlich umfassende und gewaltsame Anwendung der
Zwangssterilisationen mit der dazugehörigen bürokratischen
Erfassung möglichst vieler Angehöriger der Opfer.
2. Typisch ist
die aktive praktische Umsetzung der "Euthanasie"-Morde als
(halb-) staatlich organisiertes Verbrechen.
3. Typisch ist
weiterhin der Missbrauch der Arbeitstherapie zur möglichst
weitgehenden Ausbeutung der Patienten insbesondere ab 1939 für
kriegswirtschaftliche Planungen.
4. Schließlich
gehört zur nationalsozialistischen Psychiatrie eine
medizinisch-psychiatrische Betrachtung der Geisteskranken unter
den Gesichtspunkten ihres angeblich feststellbaren "Wertes" und
der Rassenhygiene (auch wenn die nationalsozialistische
Rassenhygiene keine vorherrschende Lehrmeinung in der gesamten
psychiatrischen Forschung 1933 bis 1945 wurde).
Informationen zur
NS-Psychiatrie bietet auch die Wanderausstellung "Psychiatrie im
Dritten Reich in Niedersachsen"
Quelle:
http://www.gedenkstaette-psychiatrie.niedersachsen.de/ns-psychiatrie.html
Psychiatrie
im Nationalsozialismus
Wer die Psychiatrie und
die Behandlung der geistig und körperlich Kranken im "Dritten
Reich" verstehen will, muss das Menschenbild berücksichtigen,
das die Nationalsozialisten hatten. Es war eine Mischung aus
einer rassistischen Idealisierung und der Zerstörung aller
christlichen und humanistischen Werte. Der Mythos vom arischen
Menschen führte zu einer in die Praxis gesetzten
Menschenverachtung und -vernichtung.
Erschreckend war nicht nur
das nihilistische "Neuheidentum" der Nationalsozialisten,
sondern aus heutiger Sicht auch, dass viele Beamte,
Staatsmänner, Anstaltsdirektoren und Ärzte wirkten bei der
Errichtung und dem Ausbau einer totalitären Diktatur, in der es
kein Mitleid, keine Nächstenliebe und keine Fürsorge mehr für
die Personen geben sollte, die chronisch-krank und arbeitsunfähig waren.
Allerdings war die Lage
der psychiatrischen Anstalten ab 1933 durch unterschiedliche
Entwicklungen gekennzeichnet. Sie stellte sich auch in
Niedersachsen für die privaten Einrichtungen teilweise anders
dar, als für die Landes- Heil- und Pflegeanstalten der
Provinzialverwaltung Hannover. Vor allem in den Heil- und
Pflegeanstalten und den Einrichtungen der Inneren Mission machte
sich ab 1933 eine Überbelegung bemerkbar, d.h., dass die
Belastungskapazitäten oft überschritten wurden. Die
Überbelegungen verschärften sich durch die Unterbringung
bestimmter Krimineller, die nach §42 des Strafgesetzbuches
verurteilt und in der Psychiatrie untergebracht wurden.
Mittelkürzungen wirkten
sich nach Kriegsbeginn zusätzlich aus, da nun durch die
Kriegsereignisse weitere Patientengruppen hinzukamen, d.h.
Menschen, die bei Bombenangriffen desorientiert waren oder
ältere Menschen, die bei Handlungsunfähigkeit der Psychiatrie
zugeführt wurden. Die Psychiatrie in dieser Zeit wehrte sich
kaum gegen "rassen" politische Zugriffe und Instrumente einer
sich im Laufe der Jahre ständig radikalisierenden Selektion in
der vermeintlichen "Volksgemeinschaft".
Die Gefahr für Menschen mit
sozialen oder körperlichen Besonderheiten wuchs, nicht den
nationalsozialistischen Normen und Werten zu entsprechen, und
damit die Gefahr, nicht mehr als nützlich angesehen zu werden.
Psychisch Kranke und Anstaltsinsassen wurden immer mehr als so
genannte "Ballastexistenzen" eingestuft. Um so mehr ist die
Arbeit desjenigen Personals psychiatrischer Einrichtungen zu
würdigen, das unter diesen Bedingungen den Patienten Fürsorge
entgegengebracht und sich um ihre Heilung bemüht hat.
Quelle:
http://www.gedenkstaette-psychiatrie.niedersachsen.de/psychiatrie.html
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