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Rassenlehre im Nationalsozialismus
Die Rassentheorie, die im Nationalsozialismus als Grundlage für
Euthanasie vorhanden war, findet ihre Begründung bereits in der 1859
veröffentlichten Arbeit „Die Entstehung der Arten durch natürliche
Zuchtwahl oder die Erhaltung der begünstigten Rasse im Kampf“ des
englischen Naturforschers
Charles Darwin. Er stellte die Theorie auf, dass in der
Tierwelt jeweils die stärkste Tierart überlebe und die Schwächere
unterliegen müsse. Diese im Tierreich zutreffende Theorie wurde später
in unzulässiger Gleichsetzung auf die Gesellschaft der
Menschen übertragen und als „Sozialdarwinismus“ bezeichnet, aus dem
sich um die Jahrhundertwende rassenhygienische Überlegungen ergaben.
Im Rahmen dieser Überlegungen wurde
die „Eugenik“ (=Rassenhygiene) entwickelt, die die Entwicklung
gesunder Erbanlagen zur genetischen Verbesserung der eigenen Rasse zum
Ziel hatte. Um dieses Ziel zu erreichen, gab es zwei unterschiedliche
Arten von Eugenik:
-
positive Eugenik, d.h.
Geburtenförderung von „Erbgesunden“ und „Tüchtigen“
-
negative Eugenik, d.h.
Geburtenverringerung bei so genannten „Erbkrankheiten“
Im Jahre 1920 verfassten der Freiburger Psychiater Alfred Erich Hoche
und der pensionierte Jurist Karl Binding die Schrift „Die Freigabe der Vernichtung
lebensunwerten Lebens. Ihr Maß und ihre Form“, in der sie die
Euthanasie für Kranke und Behinderte forderten, die für minderwertig
befunden worden waren. Hoche wurde jedoch später zum Gegner der
Euthanasie, da ein Mitglied seiner engeren Verwandtschaft ihr zum
Opfer fiel. In ihrem Werk hatten Hoche und Binding aufgegriffen, dass
es in Deutschland besonders zur Zeit der Weimarer Republik zur
Forderung nach einer solchen Selektion gekommen war, um den Stärkeren
die Existenz zu ermöglichen. Der Regierung, die diese Selektionen
durchführen sollte, wurde damals vorgeworfen, dass eine derartige
Selektion durch Vorsorge und soziale Gesetzgebungen verhindert würde.
Zudem wurde beklagt, dass die
tüchtigen und starken Menschen ihr Leben im Ersten Weltkrieg geopfert
hätten, während es den Schwachen in Heil- und Pflegeanstalten an
nichts gefehlt habe. Aus diesen Gedanken entwickelte sich die
Forderung, dass man die Fortpflanzung angeblich „minderwertiger“
Menschen verhindern müsse, um die Gesunden zu schützen.
Diese Überlegungen
nahm Adolf Hitler unter anderem in seinem Buch „Mein Kampf“ auf. Er
deutete das Leben als unendlichen Kampf, bei dem letztendlich der
Stärkere, laut Hitler der „arische Herrenmensch“, siegen müsse und
alle schwachen und kränkelnden Menschen unterliegen würden. Um
entscheiden zu können, welche Rasse gut oder schlecht war, wurden
Kriterien wie Schädelform, Haar- und Augenfarbe in Kategorien
eingeteilt, die in zahlreichen Rassekundebüchern zu finden waren.
Das Studium solcher Bücher wurde nach der „Machtergreifung“ der
Nationalsozialosten 1933 zur Grundlage in allen Schulen gemacht, um zu
erreichen, dass die „arische Rasse“ als gut angesehen wird. Außerdem
sollte man zu der allgemeinen Überzeugung kommen, dass der deutsche
„Volkskörper“ einen größeren Lebensraum benötige und deshalb alle
unterlegenen Menschen wie die der „jüdischen Rasse“ oder als
„lebensunwert“ befundene Menschen vernichtet werden müssen. In die
Kategorie „lebensunwert“ fielen „Asoziale“, psychisch Kranke,
Behinderte und sogenannte „Gemeinschaftsunfähige“, an Syphilis
erkrankte Erwachsene und sogar Kinder, deren Vorfahren nicht als
völlig rein, d.h. „arisch“ bezeichnet wurden.
Zu dem Begriff
„Asoziale“ gehörten dabei: Ausländer, Angehörige von Personen, die
sterilisiert wurden, Vorbestrafte, Rauschgiftsüchtige, Prostituierte,
Landstreicher, „Unwirtschaftliche“, „Arbeitsscheue“, Sonderlinge,
„Nichtsnutze aller Art“, Verkehrssünder und „Raufbolde“, Menschen mit
„getarntem Schwachsinn“ (gemeint sind Menschen, die nicht ohne
finanzielle Unterstützung des Staates leben können), Menschen mit
„moralischem Schwachsinn“ (gemeint sind vor allem unangepasste
Frauen).
Als Folge der Unterteilung zwischen lebenswerten und lebensunwerten
Menschen kam es nicht nur zur Einrichtung so genannter
Tötungseinrichtugen,
in denen unzählige Menschen auf grausamste Weise ermordet, d.h. „euthanasiert“
wurden, sondern auch zur Einrichtung von
„Zuchtstationen“. Dort wurden Männer und Frauen nach genauester
genetischer Untersuchung, zusammengebracht, um „arische Kinder“ zu
zeugen. Auf diese Weise wurden in Deutschland bis Kriegsende ca. 8000
und im besetzen Norwegen sogar ca. 12000 Kinder „gezüchtet“.
Umsetzung der
Euthanasie im Nationalsozialismus
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