KZ Spaichingen
Es ist für mich schwer vorstellbar: In der Kleinstadt
Spaichingen bei Tuttlingen existierte von September 1944 bis
April 1945 ein Konzentrationslager, das zum KZ Natzweiler-Struthof
(Elsass) gehörte. Es war eines von 77 Lagern in Baden-Württemberg
und wurde als das schlimmste Lager im ganzen Gebiet bezeichnet.
Die Gefangenen, meist politische Deportierte aus ganz Europa,
mussten überwiegend in den Metallwerken Spaichingen unter
menschenunwürdigen Bedingungen arbeiten. Die Gefangenen
waren sehr schlecht gekleidet und unterernährt (Lumpen
und Papier dienten im Winter als Schuhwerk).
Die "Jammerzüge", die täglich von den Baracken zu
den Metallwerken marschierten, fanden bei der Bevölkerung
Mitleid: manche legten Essenspäckchen an den Straßenrand.
Dies wurde jedoch von der SS geahndet und am 11.10.1944 ging
folgender Brief beim damaligen Bürgermeister ein:
" In letzter Zeit wurde festgestellt, dass aus dem Restaurant
zum Kreuz, letztmals am 11.10., den Häftlingen Brot zugesteckt
wurde. Es wäre angebracht, den Besitzer darauf hinzuweisen,
dass es der deutschen Bevölkerung ausgehändigt werden
soll und ein menschliches Rühren hier fehl am Platze
sei. Es gibt genug deutsche arbeitende Bevölkerung, die
für jedes Stück Brotzuwendung dankbar sind. Bei
Wiederholung müsste gegen den Besitzer Anzeige erfolgen.
Gez. Stuscha, SS Wachmannschafts- Führer."
Einige Tage darauf bekam der Besitzer einen Brief des Bürgermeisters:
"Abgabe von Lebensmitteln an Häftlinge ist strengstens
verboten. Ich mache Sie darauf aufmerksam, dass Sie bei Wiederholung
Gefahr laufen, in die gleiche Uniform gesteckt zu werden wie
die Häftlinge."
In Spaichingen fanden schließlich 160 Menschen den Tod.
Diese Toten wurden alle beurkundet und die Todesursache angegeben.
In allen Fällen waren es Herzschwäche, Herzlähmung,
Kreislaufschwäche, Herzschlag, Körperschwäche,
Tuberkulose, Sepsis oder Lungenentzündung. Nur zwei Fälle
weichen von diesen Krankheitsbildern ab, "Auf der Flucht erschossen."
und "Selbstmord durch erhängen."
Die Leichen wurden, laut Zeugenaussagen, vier Tage lang hinter
einer Baracke aufgeschichtet, bis sie dann nackt in Kisten
gepackt und ins Krematorium nach Tuttlingen gebracht wurden.
Heute kann man direkt neben der Bahnlinie Stuttgart-Singen
das KZ-Ehrenmahl finden, das zum Gedenken an die Opfer des
KZ Spaichingen errichtet wurde. Dieses Denkmal soll allen
zur Mahnung dienen. Auf einer Tafel davor findet man die Aufschrift
"Den Opfern der Gewalt" auf weiteren vier Tafeln findet man
die Namen von 30 Opfern, die dort in einem Massengrab begraben
wurden. Namen von Tätern sind nicht verzeichnet.
von Sabrina Krüger
Quellen:
Stadtchronik Spaichingen
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