Totalitarismus,
eine Definition:
Als totalitär bezeichnet man einen
Staat, dessen Verfügungsgewalt weit über das übliche Maß hinaus reicht, und
der seinen Bürgern jegliches Abweichen von der staatlichen Ideologie/Norm
verbietet. Während sich der Bürger in älteren autokratischen Staaten durch
Desinteresse an der Politik einen gewissen Grad an Freiheit erhalten konnte,
versucht der totalitäre Staat das Leben seiner Bürger vollends unter Kontrolle
zu haben. Der Staat bedient sich hierbei dem aus der Elektrotechnik entliehen
Begriff der Gleichschaltung. Er versucht seine Bürger zu erziehen, sie
umzuformen und der eigenen Ideologie anzupassen. Abweichen wird nicht akzeptiert
und mit Strafen bis zur Vernichtung geahndet.
Als Neuerscheinung des
20.Jahrhunderts unterscheidet er sich sowohl vom demokratischen
Verfassungsstaat, als auch von autokratischen Staaten, wie z.B. einer Monarchie.
Zu letzterem bestehen gewisse Ähnlichkeiten, jedoch hat er die bis dato
bekannten Unterdrückungsmechanismen ins Unermessliche gesteigert.
C.J. Friedrichs und Z. Brzezinskis
bekanntes Totalitarismusprinzip schreibt einem totalitären Staat folgende fünf
Merkmale zu:
1. Die Staatsmacht wird nicht direkt oder indirekt auf demokratische Weise vom Volk ausgeübt, sondern liegt einzig und allein in den Händen einer – streng hierarchisch aufgebauten - Massenpartei mit einer Einzelperson oder einer Gruppe an ihrer Spitze.
2. Meinungsbildung, Nachrichtenverbreitung und Massenkommunikationsmittel. Printmedien unterlagen der totalen Kontrolle der Staatsmacht.
3. Die politische Ideologie/Ausrichtung der Staatsmacht, findet sich in jedem Bereich des Bürgerlebens wieder, dies betrifft gesellschaftliche, politische, wirtschaftliche, intellektuelle, kulturelle und geistige Bereiche. Dabei nutzt er sein Nachrichtenmonopol um sie weiter zu verbreiten.
4. Hierbei unterliegt die Staatsmacht keinen rechtsstaatlichen Grenzen und setzt ihre Ziele mit bisweilen terroristischen Mitteln durch.
5. Es gibt ein staatliches Waffenmonopol.
Betrachtet man heute das
nationalsozialistische Regime, so fällt auf, dass die menschenverachtende
Ideologie in jedem Lebensbereich, zumindest unterschwellig vorhanden war.
Beinahe jeder, egal ob Mann oder Frau, alt oder jung, kam irgendwann in Kontakt
mit der NSDAP oder einer ihr angeschlossenen Organisation.
Manche unterstützen durch ihren willigen Beitritt in die Partei selbst, oder
einer ihrer paramilitärischen Organisationen (
SS
,
SA
) den Terror direkt, andere kamen unfreiwillig
in die Mühen der Partei. Schon als Kind kam man dem eigenen Geschlecht
entsprechend zum Jungvolk oder wurde Jungmädel. Nahtlos daran schloss sich die
Hitlerjugend (HJ) oder das weiblich Gegenstück
der Bund Deutscher Mädel (BDM) an. In diesen
Organisationen wurden schon die jüngsten auf ihre Rolle als funktionierender
Volksgenosse/Volksgenossin vorbereitet. Die Jungen wurden mit Schießübungen
und Geländespielen auf ihre Zukunft als Soldaten geschult, die Mädchen auf
ihre zukünftige Rolle als Mutter und Kämpferin an der Heimatfront. Völlig
losgelöst von diesen Geschlechterrollen wurden jedoch beide im
menschenverabscheuenden Rassenwahn der Nazis unterwiesen. Kindern wurde so ab
einem Alter von elf Jahren eingebläut wer der Feind und wie mit ihm zu
verfahren sei.
Es ist nur logisch, dass viele dieser Kinder und Jugendlichen später ihren Weg
in der Partei der
SS
oder anderen der
NSDAP
angeschlossenen Organisationen machten.
Es waren eben diese Organisationen die im Regime die Basis und das Werkzeug für seinen Vernichtungsfeldzug stellten. Ob innenpolitisch durch die Inhaftierung und Tötung von oppositionellen Politikern und Widerständlern, die Deportation und Vernichtung von Juden, Behinderten, oder anderen Nichtariern oder außenpolitisch durch den Überfall auf Polen und später auf den Rest von Europa.
Die systematische Vernichtung von geschätzten 6 000 000 Juden, von unzähligen Polen, Russen und anderen „slawischen Untermenschen“, von Behinderten und Andersdenkenden (Homosexuellen, Zeugen Jehovas etc.) wurde mit einer Präzision und Mechanisierung durchgeführt, die heute noch erschreckend ist.
Konsequent verfolgte Adolf Hitler die Festigung seiner Macht und Verwirklichung seiner ideologischen Ziele. Mit der Machtübernahme 1933 begannen die Nazis eine beispiellose Umstrukturierung der Verhältnisse zu ihren Gunsten. Durch das Ermächtigungsgesetz, die Gleichschaltung der Medien und schließlich die Eingliederung von Kriminalpolizei und Geheimer Staatspolizei (GeStaPo) als Sicherheitspolizei (SiPo) in die SS , entledigten sich die Nazis jeder Form von Opposition, medialer Kritik und demokratischer Reglementierungen.
Nun konnte man sich auf die Vernichtung des Hauptfeindes des Deutschen Volkes konzentrieren: Systematisch begann man nun zuerst Deutschland und dann die eroberten Gebiete judenrein zu machen. Die Juden wurden zuerst in ihren Rechten beschnitten, dann in Ghettos gepfercht und schließlich deportiert – wenn sie nicht vorher den Erschießungskommandos der SS oder Wehrmacht zum Opfer fielen.
Doch nicht nur Juden gehören zu den Opfer den Dritten Reiches. In der von den Nazis geforderten Gesellschaft der Herrenmenschen war kein Platz für qualitativ-minderwertiges Leben. Im Zuge der Euthanasie oder Rassenhygiene entledigten sich die Nazis der geistig oder körperlich Behinderten, deren Leben sie als unwert betrachteten.
Doch selbst als arisch aussehender Deutscher konnte man Opfer des Regimes werden, denn wer kritisierte fand sich oftmals selbst in einem Konzentrationslager (KZ) wieder.
Diese Konzentrationslager – nach dem Modell des ersten Lagers in Dachau – durchzogen bald in einem dichte Netz Deutschland und die eroberten Gebiete. Wer einmal in ein solches Lager kam, hatte kaum eine Möglichkeit es lebend zu verlassen. Wer nicht vergast wurde oder sich getreu dem zynischen Motto „Arbeit macht frei“ zu Tode schuftete wurde auf der Flucht erschossen oder erlag den Drangsalierungen der KZ-Aufseher. Diese Aufseher, allesamt Mitglieder der SS-Totenkopf Divisionen waren auch für ihre beispiellose Vergeltungsmaßnahmen unter der Zivilbevölkerung der besetzten Gebiete bekannt.
Es erscheint heute unbegreiflich mit welcher brutalen Effizienz die Nationalsozialisten dem Leben von weit über 6 Millionen Menschen ein Ende setzten und doch gibt es auch heute noch Menschen die mit Parolen die denen der NSDAP nur wenig nachstehen, politische Erfolge erzielen wollen. Wie die NSDAP nutzen auch sie die Perspektivlosigkeit der Bevölkerung aus um mit plumper Propaganda auf Stimmenfang zu gehen. Was damals die Inflation war ist heute Hartz IV. Was damals das internationale Judentum war, sind heute die Ausländer die den Arbeitsplatz jedes Deutschen bedrohen. Wenn man sich heute das Programm einer bestimmten Partei ansieht, so fällt auf, dass auch hier mit betont nationalen Aussagen (Schlüsselwort: DEUTSCH) der Wähler geködert werden soll. Geködert deshalb weil auch diese Partei nichts anderes tut als zu sagen, dass etwas geändert werden muss, dass sie es ändern wird und dass für den Deutschen alles besser wird – wie man dies erreichen möchte wird kaum bis gar nicht erklärt und wenn dies der Fall ist dann mit Plattitüden wie „Grenzen zu - Löhne rauf“.
Wir möchten niemanden mit Adolf Hitler, seinen Gefolgsleuten oder der NSDAP gleichsetzen, wir weisen nur darauf hin, dass die Parallelen zwischen heute und damals erschreckender sind denn je und dass unser geschichtliches Erbe uns verpflichtet eine Wiederholung der Vergangenheit unter allen Umständen zu vermeiden.
Alexander Sachs:
Persönlich bedeutete
dieses Projekt für mich eine intensive Auseinandersetzung mit einem Teil der
deutschen Geschichte der auch heute noch großen Einfluss auf das Zeitgeschehen
hat.
Robin Sluzalek:
Hört man Jahreszahlen wie 1939 und 2004 so will man meinen das die dazwischenliegenden 65 Jahre eine Riesenveränderung mit sich bringen. Und doch muss dies nicht der Fall sein. Während der Arbeit an dem Denkt@g Projekt wurde mir klar, dass das was vor ca. 65 Jahren geschah auch heute noch hochaktuell ist und unser Denken und Handeln im täglichen Leben in der Hinsicht beeinflussen soll, dass wir jedes Leben als lebenswert betrachten und verschiedene Kulturen nicht klassifizieren bzw. stigmatisieren und sie nicht behandeln wie sie damals behandelt wurden. Einen solcher Zustand wie im Deutschen Reich darf es nie wieder geben.