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Max Mannheimer
"Härte macht nicht hart"
Ein Ausschnitt der Lebensgeschichte Max Mannheimers soll die Grausamkeiten verdeutlichen,
zu denen die Nationalsozialisten fähig waren. Es ist kaum vorstellbar, dass diese
menschenverachtende Politik heute wieder Einfluss auf das Denken junger Menschen
haben kann.
Max Mannheimer erlebt den Lageralltag in fünf verschiedenen Konzentrationslagern,
darunter Auschwitz, Dachau und Theresienstadt. Die ganze Zeit, bis auf wenige
Tage, ist er in allen Lagern mit seinem Bruder Edgar zusammen. Die Verbundenheit
gibt ihnen die Kraft, dies alles durchzustehen.
Die Selektion an der Rampe von Auschwitz
Dieses Familienbild entstand 1938. In der hinteren Reihe v.l.n.r. Edgar,
Erich, Max, Ernst, in der vorderen Reihe v.l.n.r. Vater Jacob, Käthe und
Mutter Margarethe. Nur die Brüder Max und Edgar überlebten den Holocaust.
Am 1.2.1943 kommt Max mit seinen Eltern, Geschwistern und seiner Frau in
Auschwitz an. Dort müssen sie sich an der Todesrampe aufstellen. Frauen auf die
eine Seite und Männer auf die andere. Max wird somit von seinen Eltern und seiner
Schwester getrennt, ebenso von seiner Frau, diese sieht er in dieser Nacht zum
letzten Mal. Es wird gesagt, dass die Kinder in einen Kindergarten kommen und dass die
Männer ihre Frauen jeden Sonntag sehen dürften.
Nach dem Aufstellen gehen SS-Männer durch die Reihen und nehmen viele Menschen,
die nicht arbeitsfähig sind, heraus, erzählt Max Mannheimer. Diese Personen, so
wird ihnen gesagt, müssen "durch den Kamin gehen". Max versteht erst spät, was
das zu bedeuten hat, es heißt, dass sie vergast werden.
Im September 1942 heiraten Max Mannheimer und Eva Bock in Ungarisch-Brod.
Sie hoffen, dass Ehepaare nicht getrennt werden. Bei der Selektion an der Rampe
von Auschwitz sehen sie sich zum letzten Mal. Frau Mannheimer trägt deutlich
sichtbar den "Judenstern".
Angst vor den täglichen Selektionen
Die Angst, im KZ zu verenden, ist es auch, die Max Mannheimer beinahe dazu bringt,
Selbstmord zu begehen. Einen Tag nach ihrer Ankunft sagt er seinem jüngeren Bruder
nach dem morgendlichen Appell, dass es ihm viel lieber wäre, er würde durch eine
einzige Berührung mit dem Hochspannungszaun sterben, als sich sein Grab selber
schaufeln zu müssen. Es ist sein kleiner Bruder, der ihn davon abhält, indem er
ihm den Vorwurf macht, dass er ihn dadurch alleine lassen würde. Max Mannheimer
fühlt sich auf einmal sehr beschämt und glaubt nun auch, dass es eine seiner
Aufgaben ist, seine jüngeren Brüder zu beschützen.
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Nach 6 Wochen Quarantäne gelangt er ins Hauptlager Auschwitz. Bei einem
Arbeitseinsatz klagt ein Mitgefangener über Schmerzen. Der Kapo Helmut schickt
ihn in den Geräteschuppen, er hätte ein Mittel gegen seine Schmerzen. Der
Mitgefangene tut dies und bald folgt ihm der Kapo. Kurze Zeit später hört man
einen stumpfen Schlag und bald darauf kommt der Leichenwagen. Max Mannheimer
und alle anderen wissen, dass der Kapo den Mann mit dem Schaufelstiel erschlagen hat.
Später arbeitet Max Mannheimer mit zwei tschechischen Polizisten an den Loren.
Die anstrengende Arbeit und das wässrige Essen verursachen ihm Rückenschmerzen
und geschwollene Beine, sodass er bald kaum noch laufen kann. Dem Kapo fällt
dieses auf und sagt ihm, er solle nach der Arbeit zu ihm in den Geräteschuppen
kommen, er hätte ein gutes Mittel für ihn. Max Mannheimer weiß, ihn würde
dasselbe Schicksal ereilen wie seinem Kameraden. Doch da er sich nicht widersetzen
kann, sitzt er später voller Angst im Geräteschuppen. Als der Kapo kommt, meint
Max Mannheimer zu ihm, dass er diesen sehr bewundere; er sei eine richtige
Führernatur. Der Kapo fühlt sich sehr geschmeichelt und meint sogar zu Max
Mannheimer, er solle sich an den Kanonenofen setzen, damit ihm nicht so kalt sei.
Mit dieser Schmeichelei hat sich Max Mannheimer wahrscheinlich das Leben gerettet.
Max Mannheimer hat große Angst, in den Krankenbau gebracht zu werden. Doch
starke Schmerzen führen dazu, dass er operiert werden muss. Nach einer schlaflosen
Nacht kommen plötzlich 3 Aufpasser in den Krankenbau herein. Die Kranken müssen
aus ihren Betten springen und um ihr "Leben laufen". Max Mannheimer versucht
unter starken Schmerzen die 12 Meter zwischen den Betten hindurch zu laufen.
Max ist klar, dass es eine Prüfung ist, der so genannte Todeslauf. Wer den nicht
schafft, wird abgeführt und kommt in die Gaskammer. Diese Selektion führt dazu,
dass ungefähr 40 Häftlinge getötet werden.
Die Brüder Edgar und Max Mannheimer, die als
Einzige der Familie den Holocaust überlebten.
Max M.: "Ein Freund ist gut, ein Bruder ist besser."
Die Erinnerungen an seine Aufenthalte in den Konzentrationslagern bestimmen sein
Leben auch nach der Befreiung. In einem Brief an einen Freund schrieb seine
damalige Frau: "Max lebt immer noch in einem selbst gewählten Ghetto." Es stimmt;
er hatte Angst.
Erst Jahrzehnte später ist es ihm möglich, über diese Zeit zu schreiben. Sein
"Spätes Tagebuch" beginnt er 1964, nach dem Tod seiner Frau, zu verfassen.
Quellen: "Spätes Tagebuch" und der Film "Härte macht nicht hart", der am
27.01.1997 zum ersten Mal vom Bayerischen Rundfunk ausgestrahlt wurde, sowie das
Interview des Bayerischen Rundfunks mit Max Mannheimer, das auch online nachzulesen
ist unter www.br-online.de/alpha/forum
Fotos: Die Bilder dürfen wir mit der persönlichen Erlaubnis von Herrn Mannheimer
abdrucken.
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